Arch+ #246 2022
Freiheit. Kaum ein anderes Wort wird in den gesellschaftlichen Debatten der jüngsten Zeit, etwa zu Rassismus, Gender, Ökologie oder auch der Covid-19-Pandemie, häufiger angerufen als dieses. Es ist kurioserweise zum Kampfbegriff jenes Teils der Gesellschaft mutiert, der den Status quo mit allen Mitteln bewahren will. „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!“ lautet das Mantra, mit dem wahlweise rassistische, antifeministische oder homophobe Menschen, „Querdenker*innen“, Corona- oder Klimaleugner*innen ihre vermeintlich bedrohte Meinungsfreiheit beklagen. Dabei steht oftmals ein auf Souveränität, Autonomie und Konsum bezogener Freiheitsbegriff im Fokus dieser Diskussionen. Doch die eigene Freiheit kann nicht entkoppelt von sozialen, ökonomischen, infrastrukturellen und natürlichen Abhängigkeiten betrachtet werden – daran erinnern uns die Pandemie und ihre Folgen ebenso wie die Konsequenzen der globalen Erderwärmung. „Wir sind immer mittendrin.“ So hat es die feministische Wissenschaftstheoretikerin Donna Haraway 1995 in Bezug auf die subjektive Verwobenheit jedes Wissens formuliert, in der es kein unabhängiges Außen gibt und für eine „verkörperte und verantwortliche Objektivität“ plädiert. Ebenjene Erkenntnis bildet auch die Grundlage dieser Ausgabe. Wir fragen danach, wie Formen gesellschaftlichen Unrechts auf verschiedenen räumlichen Ebenen miteinander verflochten sind. Wie kann die Architektur, eine nach wie vor stark von patriarchalen Machthierarchien und Ausbeutungsverhältnissen geprägte Disziplin, ein neues Freiheitsversprechen einlösen, dem eine transformative Idee von Gerechtigkeit zugrunde liegt?
Origin: Germany
Language: German
Pages: 224
Length × Width × Height: 30 × 24 × 1,5 cm
Article Number: 32490